ADFC Fahrradklima-Test 2022 - Düsseldorf stagniert im Mittelfeld
Lerke Tyra: "Laut Umfrageergebnissen ist Düsseldorf noch nicht auf dem Weg zu einer fahrradfreundlichen Stadt" - Erneut Rekordbeteiligung beim ADFC Fahrradklima-Test 2022
Beim heute in Berlin vorgestellten bundesweiten ADFC Fahrradklima-Test, dem vom Verkehrsministerium unterstützten größten Zufriedenheits-Index der Radfahrenden in Deutschland, gab es für Düsseldorf keine Verbesserung. Mit der Schulnote 4,1 (2022: 4,11 / 2020: 4,12) liegt die Landeshauptstadt unter den 14 Großstädten ab 500.000 EinwohnerInnen erneut nur im unteren Drittel. Auf NRW-Landesebene belegt Düsseldorf in der Gruppe der Großstädte (ab 100.000 EinwohnerInnen) Platz 12 von 30 Plätzen.
3.352 Düsseldorfer Radfahrende haben ihre Meinung abgegeben: Ist Radfahren in Düsseldorf sicherer geworden? Was ist gut, was ist besser geworden? Was bereitet Ärger, Stress oder Angst? "Der Zuwachs von 300 Teilnehmenden - also fast 10% - beim aktuellen Klimatest gegenüber 2020 zeigt, dass das Interesse am Thema Fahrradfahren in der Bevölkerung weiterhin steigt", erläutert Lerke Tyra, Vorsitzende des ADFC Düsseldorf. "Radfahren in Düsseldorf wird aber weiterhin als stressig, konfliktträchtig und risikoreich bewertet." Themen, die die Menschen in Düsseldorf besonders beschäftigen, sind die Akzeptanz von Radfahrenden als Verkehrsteilnehmende, Hindernisse auf Radwegen und Konflikte zwischen Rad- und Autoverkehr sowie Fußverkehr.
Mit Schulnote 4,1 tritt Düsseldorf weiter auf der Stelle. "Die Bürgerinnen und Bürger sind unzufrieden mit der schleppenden Umsetzung von groß angekündigten Verbesserungen für den Radverkehr", so Lerke Tyra. "Auffällig ist, dass die TOP- und die FLOP-Themen gegenüber 2020, 2018 und sogar 2016 fast identisch sind: Auf der Positivseite stehen weiterhin die gute Verfügbarkeit von Leihrädern (Schulnote 2,6) und in Gegenrichtung für den Radverkehr geöffnete Einbahnstraßen“ (Note 2,7). Die größten Schwachstellen sind weiterhin die schlechte Führung an Baustellen (Note 5), Falschparkerkontrollen auf Radwegen (Note 4,9) und Defizite im Radnetz wie die mangelnde Breite von Radwegen (Note 4,9). Das Sicherheitsgefühl beim Radfahren bleibt bei Schulnote 4,6, die Ampelschaltungen für Radfahrende bei 4,8. Bei der Frage „Spaß oder Stress?“ zeigt der Daumen insgesamt weiter nach unten: Zwei Drittel der Befragten vergaben die Schulnoten zwischen 4 und 6.
Der „Wichtigkeits-Index“ gibt Aufschluss darüber, welche Punkte für die Düsseldorferinnen und Düsseldorfer in der Umfrage bedeutsam sind (1 = wichtig, 0 = unwichtig), nämlich: "Akzeptanz als Verkehrsteilnehmer "(0,94 Punkte), "Hindernisse auf Radwegen" (0,94), "Konflikte mit KfZ" (0,93), "Sicherheitsgefühl" (0,92) und "Breite der Radwege" (0,90).
Zwar relativ gut benotet aber deutlich weniger wichtig sind hingegen: "Aktionen und Kampagnen" (0,53), "Medienberichterstattung" (0,51) und "öffentliche Fahrräder/Fahrradverleih" (0,37).
Erkennbar ist: Das, was den Befragten wirklich wichtig ist, bekommt gleichzeitig die schlechtesten Schulnoten zwischen 4 und 5.
"Positiv finden wir, dass Oberbürgermeister Dr. Keller und die schwarz-grüne Ratsmehrheit sich öffentlich zum ADFC Fahrradklima-Test als Bewertungsmaßstab ihrer Radverkehrspolitik bekennen", erklärt Lerke Tyra. “Bei der Frage, ob in jüngster Zeit besonders viel für den Radverkehr getan wurde, gibt es eine sehr leichte Verbesserung von 0,1 % auf Schulnote 3,4. Die insgesamt schlechte Benotung zeigt jedoch: Düsseldorf ist noch nicht auf dem Weg zu einer fahrradfreundlichen Stadt. Zur Halbzeit der neuen Ratsperiode erhalten Verwaltung und die Kooperation von CDU und GRÜNEN im Fahrrad-Klimatest ein schlechtes Zwischenzeugnis: gute Vorsätze, aber es kommt zu wenig auf der Straße an“.
Zum Vergleich: In Köln, der Aufsteiger-Stadt über 500.000 EinwohnerInnen, gibt es signifikante Verbesserungen bei der Breite der Radwege (Note 5,4 auf 5,1) und beim Fahren auf Radwegen und Radfahrstreifen (5,1 auf 4,8). Die Fahrradförderung in jüngster Zeit wurde fast eine ganze Notenstufe besser bewertet (4,1 auf 3,3). Die Ergebnisse aus Bonn, NRW-Großstadt mit dem größten Verbesserungsfaktor zeigen: Mutige und aktive Fahrradförderung durch OB und Rat wird von den Radfahrenden honoriert.
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Hintergrund:
Der ADFC-Fahrradklima-Test ist eine der größten Umfragen zur Zufriedenheit der Radfahrenden weltweit. Er wird vom Fahrradclub ADFC alle zwei Jahre mit Unterstützung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr durchgeführt. Der ADFC-Fahrradklima-Test misst als bundesweites Stimmungsbarometer die Zufriedenheit von Radfahrenden in deutschen Städten und Kommunen.
Die nicht repräsentative Umfrage ist offen für alle, richtet sich jedoch speziell an die Radfahrenden. Die Ergebnisse des Tests haben durch die breite Bürgerbeteiligung hohe Aussagekraft und können Kommunen mit konkreten Empfehlungen helfen, das Angebot für Radfahrende gezielt zu verbessern.
In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Teilnahmezahlen (von 79.000 im Jahr 2012 auf 245.000 im Jahr 2022) und die Zahl der Teilnahmeorte (von 332 auf 1.114) mehr als verdreifacht.
2022 fand der ADFC-Fahrradklima-Test zum zehnten Mal statt. Von September bis November 2022 konnten Interessierte auf www.fahrradklima-test.adfc.de an der Umfrage teilnehmen. Gefragt wurde in 27 Fragen und 5 Zusatzfragen beispielsweise danach, ob man sich auf dem Rad sicher fühlt und wie gut die Radwege sind. Das Thema der Sonderbefragung 2022 ist das Radfahren im ländlichen Raum. Fünf zusätzliche Fragen sprechen speziell die Bedürfnisse der Radfahrenden in kleineren Orten und im Umland an. Darin geht es etwa darum, wie gut und sicher die Nachbarorte zu erreichen sind.
Der ADFC-Fahrradklimatest erreicht bei weitem nicht nur Mitglieder des Fahrradclubs, im Gegenteil: 84% der Teilnehmenden sind keine ADFC-Mitglieder. Der Anteil der teilnehmenden Frauen steigt kontinuierlich (von 43% im Jahr 2020 auf 44%). Ein großer Teil der Befragten (>90%) nutzt Fahrrad und Auto (entweder eigenes Auto oder Car-Sharing) und kennt somit beide Perspektiven. Die meisten Teilnehmenden sind Vielfahrende und nutzen das Fahrrad (fast) täglich (63%) oder mindestens einmal in der Woche (91%). Der Anteil der reinen Freizeitradler:innen ist im Vergleich zum letzten Mal zurückgegangen, 62 Prozent der Teilnehmenden nutzen das Rad auch im Alltag.
Aufholer In der Kategorie Aufholer werden die Städte mit den stärksten Verbesserungen gegenüber dem letzten ADFC-Fahrradklima-Test in der jeweiligen Ortsgrößenklasse ausgezeichnet. Besonders hervortun konnten sich die Aufholerkommunen mit herausragenden Bewertungen für die Fahrradförderung in jüngster Zeit, mit gutem Winterdienst und bei der Werbung für das Radfahren.
Unter den Aufholern besonders präsent ist der Großraum Köln-Bonn.
- Köln (von 4,4 auf 4,2) (>500.000 EW)
- Bonn (von 4,2 auf 3,8) (>200.000 EW)
Schnell Fahrradstadt werden
Die Ergebnisse des Fahrradklima-Tests zeigen, dass es vielerorts noch Nachholbedarf gibt und dass die Radfahrbedingungen in vielen Orten in Deutschland noch nicht optimal sind. Die gute Nachricht: Jede Kommune, jede Stadt und jede Gemeinde kann fahrradfreundlich werden - und das kann ganz schnell gehen. Für alle, die in ihren Kommunen die Verkehrswende vorabringen und Deutschland zum Fahrradland machen wollen, hat der ADFC eine hilfreiche Toolbox zusammengestellt. Hier finden sich hilfreiche Werkzeuge, Konzepte und Denkanstöße für mehr Fahrradfreundlichkeit vor Ort: www.adfc.de/toolbox