Offensive für den Radverkehr in Düsseldorf: 9-Punkte-Handlungskonzept des ADFC
Immer mehr Düsseldorferinnen und Düsseldorf sind davon überzeugt, dass es ohne eine grundlegende, klimafreundliche Verkehrswende kein zukunftsfähiges und lebenswertes Düsseldorf gibt.
Dazu gehört neben einem besseren öffentlichen Personen Nahverkehr vor allem eine andere und höhere Qualität des Radverkehrs.
Um über 22% ist seit Anfang 2020 die Zahl der Radfahrenden gestiegen. Und es werden – und sollen – noch viel mehr werden.
Um den neuen Oberbürgermeister, den neuen Stadtrat und die Verwaltung bei der Schwerpunktbildung Radverkehr zu unterstützen, stellt der ADFC Düsseldorf hier sein Handlungskonzept in 9 Punkten vor.
1. Der ADFC Düsseldorf fordert von Rat und Verwaltung eine Offensive
für sicheren und guten Fahrradverkehr.
Radfahrende und zu Fuß Gehende dürfen in unserer Stadt nicht länger an den Rand gedrängt werden. Sie brauchen gute, klar getrennte, sichere Wege und mehr Raum, auch auf Kosten von Parkraum und Fahrstreifen für Autos. Durch eine gerechte Verteilung des Straßenraums lässt sich der Anteil des Rad- und Fußverkehrs steigern und der alltägliche Verkehrskollaps stoppen.
2. Wir erwarten, dass das Radhauptnetz in hohem Ausbaustandard bis
Ende 2025 vollständig umgesetzt wird, wie von fast allen Parteien im
Wahlkampf zugesagt.
Das erfordert eine verbindliche, vom Rat zu beschließende und zu
kontrollierende Planung, ihre Finanzierung und ihre Umsetzung in den
kommenden fünf Jahren.
Konkret heißt das:
- jährlich werden 50 km neue oder sanierte Radrouten in hochwertiger, richtlinien-konformer Qualität fertiggestellt
es entstehen durchgehende, (subjektiv) sichere Fahrradrouten aus allen Stadtbezirken in die Innenstadt sowie ein lückenloser Schluss innerstädtischer Routen
verwirklicht werden auch schnell realisierbare Maßnahmen wie gut umgesetzte Fahrradstraßen mit Vorrang für den Radverkehr
darüber hinaus werden Radverkehrsanlagen an für den innerstädtischen Radverkehr wichtigen Hauptstraßen angelegt, wo irgend möglich als geschützte Radfahrstreifen.
3. An viel zu vielen Stellen sind die Routen für den Radverkehr in einem
desaströsen Zustand. Wir fordern entschieden Sofortmaßnahmen zur
Beseitigung von Mängeln und Gefahrenstellen für Radfahrende und
zu Fuß Gehende.
Konkret heißt das:
die Stadt startet, unterstützt durch Bürgerbefragungen, Sofortmaßnahmen zur zügigen Beseitigung von Schlaglöchern, gefährlichen Hindernissen, unzureichenden Bordsteinabsenkungen, schlechter Baustellenführung und gefährlichen Engstellen
gefährliche Lücken im Radnetz auf viel befahrenen Straßen werden durch provisorische Maßnahmen zügig geschlossen
alle bereits bestehenden Abschnitte im Radhauptnetz werden zeitnah durchgehend farbig markiert
die Stadt unternimmt schnelle Schritte, um besonders unfallträchtige Kreuzungen zu entschärfen, etwa durch Tempo 30, getrennte Grünphasen oder Abbiegeverbote für LKW
rund um alle Düsseldorfer Schulen werden sichere Fahrradzonen mit Pflicht-Tempo 30 für den Autoverkehr eingerichtet, ebenso vor Seniorenheimen und Krankenhäusern
unfallträchtige freie Rechtsabbieger werden beseitigt
4. Fahrradfahrende erleben täglich die Mängel und Versäumnisse im
Radverkehr der Stadt. Sie wollen mitreden über Schwachstellen,
bei Sofortprogrammen und Planungen. Wir fordern eine wirkliche und
ernst gemeinte Transparenz und Beteiligung bei Planung und Umsetzung.
Die für den Radverkehr zuständige Verwaltung muss bürgerorientiert
gestärkt, effizienter und handlungsfähiger werden, mit klaren Abläufen,
nachvollziehbaren Planungen und gutem Management. Angesichts der
eminenten Bedeutung des Verkehrs für die gesamte Stadtbevölkerung halten
wir ein eigenes Dezernat für Verkehr für unerlässlich.
Konkret heißt das:
Sofortprogramm und Prioritätensetzungen beim Radhauptnetz werden öffentlich diskutiert, Print- und Onlinemedien werden aktivierend genutzt
die Verwaltung startet ein öffentliches Planungstool mit Einsicht der Bürger*nnen in alle Radwege-Planungen und Umsetzungen (Berliner Modell)
die Verwaltung ermöglicht dort die digitale Meldung von Mängeln, Stolperfallen und Verunreinigungen, welche sie schnell behebt und Rückmeldung gibt
es muss ein städtisches Baustellenmanagement geben, das Radfahrende sicher an dortigen Engstellen vorbeiführt (gemäß OVA- Beschluss zum Antrag des Jugendrats); dazu gehört auch, zu kontrollieren, ob Oberflächen vernünftig instandgesetzt wurden
die „Fachgruppe Radverkehr“ wird gestärkt durch verbindliche Verfahrens- und Zeitplanung, aktuelle Planungstools sowie rechtzeitige Beratungsvorlagen als Plattform der Abstimmung mit Verkehrsexpertinnen und -experten von Parteien und Verbänden
5. Wir fordern von der Verwaltung einen erstklassigen Düsseldorfer
Standard für den Fahrradverkehr. Wer bundesweit Maßstäbe setzt
beim Bau von Brücken, beim Flüsterasphalt auf Autospuren oder bei der
Gestaltung von U-Bahnhöfen, von dem erwarten wir auch eine Spitzen-
leistung für die Sicherheit und bestmögliche Mobilität zigtausender Rad
fahrender Düsseldorferinnen und Düsseldorfer.
Konkret heißt das:
der Radverkehr wird durchgängig vom Auto- und Fußverkehr konsequent baulich getrennt und geschützt
bei allen Planungen werden zunehmender Radverkehr, Lastenräder und höhere Geschwindigkeiten berücksichtigt; die Radwegbreite entspricht mindestens den Richtlinien, Kurvenradien sind ausreichend groß; Kombinationen von Minimallösungen sind auszuschließen
Radwege werden durchgängig asphaltiert, um den Komfort zu erhöhen und den Rollwiderstand zu verringern; sie sind deutlich und durchgängig farbig markiert
große Piktogramme und Fahrtrichtungspfeile erhöhen die Sicherheit
Radwege sind frei von Licht- und Rheinbahn-Masten, Schaltkästen und anderen Hindernissen
Kreuzungen können in einem Zug überquert werden; es bestehen gute Sichtachsen und ausreichend große Aufstellflächen
Radwege an Einmündungen sind aufgepflastert und nicht abgesenkt
alle Einbahnstraßen werden frei gegeben, Ausnahmen öffentlich begründet
es gibt Induktionsampeln auch für Radfahrende, alle sogenannten „Bettelampeln werden innerhalb der nächsten fünf Jahre entsprechend umgebaut
6. Das verbreitete Falschparken auf Radwegen gefährdet akut Radfahrende,
zwingt sie in den fließenden Autoverkehr oder in die Nähe gefährlicher
Straßenbahnschienen, und provoziert so Unfälle und Stürze.
Das darf nicht länger toleriert werden.
Konkret heißt das:
es wird mehr Personal in der Verkehrsüberwachung eingesetzt einschließlich weiterer Fahrradstaffeln
Kontrollen werden verstärkt, der Fokus liegt auf dem Geh- und Radwegeparken
falsch Parkende werden konsequent abgeschleppt
7. Die Möglichkeit, Fahrräder sicher im öffentlichen Raum zu parken,
muss in Düsseldorf stark verbessert werden. Auch E-Bikes und Lastenräder
brauchen Platz. In den dicht bebauten Stadtbezirken gelingt dies nur auf
Kosten von Auto-Parkplätzen
Konkret heißt das:
es werden erheblich mehr und qualitativ gute Fahrradabstellanlagen errichtet, vor allem in den Innenstadtbezirken, vor öffentlichen Einrichtungen und bei Unternehmen
neben großen und ausbaufähigen Fahrradparkhäusern vor dem Hauptbahnhof (5-10 Tsd. Stellplätze), an den Bahnhöfen Bilk und Benrath und am Flughafen-Fernbahnhof soll es an allen ÖPNV- Knotenpunkten bedarfsgerecht Mobilstationen, Radabstellplätze und Boxen geben
als wichtige Ost-West-Verbindung zur Ergänzung des städtischen Radnetzes wird im Hauptbahnhof der Südtunnel für den Radverkehr geöffnet, auch um die vorhandene Radstation gut anzubinden
in der Umgebung von öffentlichen Gebäuden (Schulen, Krankenhäusern, Verwaltungen, Kultureinrichtugen etc. werden Auto-Parkplätze zugunsten von Fahrradabstellanlagen um
8. Immer mehr Pendlerinnen und Pendler wollen und sollen aufs Fahrrad
umsteigen. Sie entlasten damit den Kraftverkehr und den ÖPNV.
Wir fordern gute Radwege in alle Nachbargemeinden. Sie werden durch
ein Radschnellwegenetz aus den umliegenden Gemeinden in unsere
Innenstadt ergänzt werden. Die Umsetzung erfolgt innerhalb der nächsten
fünf Jahre.
Konkret heißt das:
wir brauchen gute Rad-Schnellverbindungen von Neuss, aber etwa auch von Duisburg, Ratingen, Erkrath und Wuppertal – Orte mit hohen Pendlerzahlen in die Landeshauptstadt, da durch E-Bikes deutlich längere Distanzen zurückgelegt werden
in partnerschaftlicher Absprache mit den Nachbargemeinden wird eine gute Anbindung an unser Radhauptnetz geschaffen
der Radschnellweg Neuss/ Düsseldorf/ Langenfeld/ Monheim wird vorrangig im Abschnitt Benrath und Universität fertiggestellt, eine trotz schlechter Qualität viel genutzte Verbindung. Einen großen positiven Effekt hätte hier die Beseitigung gefährlicher Querungen mit vielen Ampeln durch Über- und Unterführungen
9. Radtourismus ist ein wichtiger und wachsender Wirtschaftsfaktor.
Und nicht alle Düsseldorferinnen und Düsseldorfer kennen alle Ecken
und Wege ihrer Stadt. Zur besseren Orientierung im Radverkehr erwarten
wir ein flächendeckendes Wegweisungs- und Knotenpunktsystem.
Konkret heißt das:
das Wegweisungs- und Knotenpunktsystem geht bis Ende 2021 an den Start und ist bis 2025 vollendet
alle Wegweisungen sind durchgängig, einheitlich, auch bei Dunkelheit gut lesbar und sauber
Mängel in der Radwegweisung werden kontinuierlich abgestellt
Menschen fahren vor allem dann mit dem Fahrrad, wenn sie sich sicher fühlen, wenn sie den Radverkehr als komfortabel und stressarm empfinden und sich als Radfahrende voll akzeptiert erleben. Die Stadt braucht einen Neustart und großen Elan, damit Düsseldorf wirklich eine fahrradfreundliche Stadt wird, und 8- bis 88- jährige in Düsseldorf gerne mit dem Rad fahren.
Dies gelingt nur mit einer massiven Schwerpunktverlagerung auch von Finanzmitteln auf den Radverkehr: für Mängelbeseitigung, Neugestaltung und Instandhaltung. Ehrgeizige und schnell erkennbare Maßnahmen sollten den Düsseldorferinnen und Düsseldorfer zeigen, dass der von ihnen gewählte Oberbürgermeister und ihre gewählten Vertreterinnen und Vertreter im Stadtrat die klimafreundliche Verkehrswende wirklich ernst nehmen.
Düsseldorf, im November 2020