ADFC-Fahrradklimatest 2020: Düsseldorf weiter im Mittelfeld bei Note 4,12
Rekordbeteiligung beim ADFC Fahrradklima-Test 2020 | Nachholbedarf bei der Akzeptanz von Radfahrenden, bei Sicherheit und Konfliktfreiheit | Landeshauptstadt punktet bei Radfahren in Coronazeiten
Beim heute in Berlin vorgestellten bundesweiten ADFC-Fahrradklima-Test des ADFC, dem größten Zufriedenheits-Index der Radfahrenden in Deutschland, verbessert sich Düsseldorf nur minimal von Schulnote 4,2 auf 4,1. Damit landet die Landeshauptstadt unter den 14 Großstädten ab 500.000 EinwohnerInnen erneut nur im unteren Drittel, klettert aber von Platz 9 auf Platz 8. Auf NRW-Landesebene belegt Düsseldorf in der Gruppe ab 500.000 EinwohnerInnen Platz 1 von 4.
3.052 Düsseldorfer Radfahrende haben ihre Meinung abgegeben: Ist Radfahren in Düsseldorf Spass oder Stress? „Der Zuwachs von rund 1.000 Teilnehmenden gegenüber 2018 zeigt, dass das Interesse am Thema Fahrradfahren in der Bevölkerung stark gestiegen ist,“ erläutert Lerke Tyra, stellv. Vorsitzende des ADFC Düsseldorf. „Radfahren in Düsseldorf wird aber weiterhin als stressig bewertet." Die Themen, die die Menschen in Düsseldorf beschäftigt, sind die Akzeptanz von Radfahrenden als Verkehrsteilnehmer, das Sicherheitsgefühl und die Konfliktfreiheit zwischen Rad- und Fußverkehr.
Mit Schulnote 4,12 tritt Düsseldorf weiter auf der Stelle. "Das passt durchaus zum öffentlich kritisierten schleppenden Umsetzungstempo der geplanten Radwege-Maßnahmen", so Lerke Tyra. "Auffällig ist, dass trotz 50% mehr Beteiligung die drei TOP und die drei FLOP-Themen gegenüber 2018 und sogar 2016 fast identisch sind: Auf der Positivseite stehen weiterhin die gute Verfügbarkeit von Leihrädern, in Gegenrichtung für den Radverkehr geöffnete Einbahnstraßen und die Einschätzung „Bei uns fahren alle Fahrrad – egal ob alt oder jung“.
Laut Umfrageergebnis hat Düsseldorf die größten Schwächen nach wie vor bei fehlenden Kontrollen von Radweg-Parkern, der schlechten Führung an Baustellen – bei beiden ist die Landeshauptstadt glatt durchfallen – sowie bei der mangelnden Breite von Radwegen und bei Ampelschaltungen, die Radfahrende benachteiligen und ein zügiges Fahren behindern. Das Sicherheitsgefühl bekommt Schulnote 4,7 und der Spaßfaktor Note 4.
Darüber hinaus haben sich 900 Düsseldorferinnen und Düsseldorfer die Mühe gemacht, ihre persönliche Kritik und Wünsche in Form von Freiantworten zu äußern. „Die Auswertung der über 2.300 genannten Kritikpunkte ist für uns aufschlussreich und gibt auch der Politik und Verwaltung wichtige Hinweise, wo der Schuh in unserer Stadt besonders drückt und konsequente Gegenmaßnahmen erforderlich sind“, sagt Lerke Tyra.
Besonders häufig genannt wurden:
- Lücken im Fahrradnetz, an Kreuzungen oder im Nichts endende Radwege (211 Nennungen) (zusätzlich: 148 mal „Generell fehlende Radwege, Anbindung Stadtteile, längere Routen“ und 97 mal „Rückstand bei der Umsetzung der beschlossenen Pläne“)
- Konflikte mit Kfz (104 mal) und Fußgängern (93 mal; zusammen 197 Nennungen)
- Präferenz für Autoverkehr in Düsseldorf (137 mal) und Benachteiligung des Radverkehrs gegenüber dem Autoverkehr (60 mal, zusammen 197 Nennungen)
- Qualität der Radwege (Breite, Kurven, Oberfläche, Markierung) und mangelnde Wartung (195 Nennungen)
- Mangel an gefühlter Sicherheit (188 Nennungen); (zusätzlich 30 mal mangelnde Sicherheit für Kinder und 42 mal Straßenbahnschienen)
- Verkehrswende nicht erlebbar oder kein Konzept dazu erkennbar (177 Nennungen).
Punkten kann Düsseldorf bei den Zusatzfragen zu „Corona und Radfahren“: Die Landeshauptstadt liegt im Vergleich zu ihrem Gesamtergebnis um fast eine Note höher (3,19) und landet damit auf Platz 3 hinter Berlin und München. „Auschlaggebend für die befragten Bürgerinnen und Bürger war hier zwar auch die umstrittene Pop Up-Bike Lane am Rheinufer, aber viel mehr noch die Anerkennung der gestiegenen Bedeutung des Radverkehrs während der Corona-Pandemie insgesamt“, führt Lerke Tyra aus, „das ist in der Auswertung klar abzulesen“. Ein typischer Kommentar: „Seit Corona macht es mir besonders viel Spaß Fahrrad zu fahren weil weniger Autos unterwegs sind und ich mit vielen anderen Fahrradfahrern gemeinsam unterwegs bin“.
Konkrete Wünsche gibt es viele, so nach baulicher Trennung von KfZ- und Fußverkehr, nach dem Umbau der – besonders für Kinderanhänger oder Lastenräder – viel zu schmalen Verkehrsinseln und nach der Einrichtung von Fahrradstraßen (Zitat: „Talstraße, Kirchfeldstraße und Kö würden sich hervorragend dazu eignen“).
Der ADFC Düsseldorf baut zur weiteren Auswertung des Klimatests auf einen konstruktiven Dialog mit Politik und Verwaltung und fordert, geplante Radwegemaßnahmen ohne Verzögerung umzusetzen. „Dabei müssen vor allen lückenlose, sichere und komfortabel zu fahrende Achsen quer durch die Stadt errichtet werden. Der Fahrradklimatest zeigt, dass das einer der Knackpunkte ist, ob Menschen öfter aufs Rad umsteigen oder nicht“, so das Fazit von Lerke Tyra. „Wir finden es positiv, dass die schwarz-grüne Stadtregierung vereinbart hat, den ADFC Fahrradklima-Test als Gradmesser des Fortschritts auf dem Weg zur fahrradfreundlichsten Großstadt Deutschlands zu betrachten. 2020 könnte man dafür als Basiserhebung nehmen – eine positive Entwicklung wird an den Umfragen 2022 und 2024 abzulesen sein!“ Schon mit vergleichsweise kleineren Maßnahmen ließe sich die Situation deutlich verbessern, beispielsweise durch mehr Tempo-30-Zonen, Fahrradstraßen, deutlichen Markierungen und radfahrerfreundliche, sichere Lösungen an Baustellen.